HTL lehrt Gebäudetechnik

Teil des ganz Großen werden

Ausbildung
21.03.2024

Die HTL Mödling bietet mit ihrem Gebäudetechnik-Programm eine spannende Alternative zu Lehre oder FH – das passende Angebot in einem zukunftsorientierten Berufsfeld. Unter den ausbildungswilligen jungen Menschen in Österreich scheint sich das aber nur bedingt herumgesprochen zu haben.
die HTL Mödling
Kaderschmiede der Technikerinnen und Techniker von morgen: die HTL Mödling

Die Stadtgemeinde Mödling steht nicht nur für ein sehr lebenswertes Wohngebiet im Wiener Speckgürtel, sie ist vor allem als die Schulstadt Österreichs bekannt. Mit der HTL, mit über 3.500 Schülerinnen und Schülern, beheimatet sie eine der größten Schulen Europas. „Technik inside“: in zwölf Fachrichtungen werden die Fachexpertinnen und -experten von morgen ausgebildet. Die Abteilung Gebäudetechnik, eine Kaderschmiede für den Nachwuchs unserer Branche? Die Gebäude Installation hat sich vor Ort ein – gutes – Bild gemacht.

Matura – was nun?

Mit zwei verschiedenen Schienen steht die HTL Mödling allen an der Gebäudetechnik Interessierten offen. Bereits seit 1986 gibt es das zweijährige Kolleg, in der klassischen, fünfjährigen HTL steht heuer der erste Jahrgang vor der Matura. Elisabeth Berger, Abteilungsvorstand Gebäudetechnik und Maschinenbau-Anlagentechnik und Fachoberlehrer Josef Trummer, Koordinator des Gas-, Wasser-, Heizungs- Lüftungs- und Kältelabors erklären im Interview alle Details zu den Ausbildungsmöglichkeiten. „Der Zweig Gebäudetechnik als fünfjährige HTL-Ausbildung ist bei uns noch recht jung. Der erste Jahrgang schließt heuer mit acht Maturanten ab“, so Elisabeth Berger. Das deutet auf eine hohe Drop-Out-Quote hin.

Die Ausbildung ist sehr anspruchsvoll, es wird den Schülerinnen und Schülern nichts geschenkt!

Josef Trummer
 Elisabeth Berger und Josef Trummer
Elisabeth Berger, Abteilungsvorstand Gebäudetechnik und Maschinenbau-Anlagentechnik im Bild mit Fachoberlehrer und Mastermind der Gebäudetechnik-Akademie Josef Trummer, Koordinator des Gas-, Wasser-, Heizungs- Lüftungs- und Kältelabors.

Josef Trummer dazu: „Die Ausbildung ist sehr anspruchsvoll, es wird den Schülerinnen und Schülern nichts geschenkt!“ Das gilt auch für das zweijährige Kolleg, das sich an Maturantinnen und Maturanten richtet, in der Öffentlichkeit aber offensichtlich zu wenig bekannt ist. Denn pro Jahrgang finden sich meist nicht mehr als drei Maturanten, die diese Berufsausbildung wählen. „Wir sind froh über jeden Maturanten, der sich anmeldet“, erklärt Elisabeth Berger.
Sind die Anforderungen für AHS-Absolventen zu hoch, sehen sie unüberwindbare Hürden? „Es gibt keine Hürden! Man muss kein technisches Vorwissen haben, aber natürlich Freude an der Technik“, so Josef Trummer. Und Elisabeth Berger ergänzt: „Der Unibetrieb ist nicht für alle das Richtige, es gibt Leute, die brauchen ein verschultes System mit klaren Abläufen und Strukturen, wie sie es in unserem Kolleg finden.“

Alle an einer Schulbank

Die Kollegteilnehmer werden zusammen mit den Schülern des Aufbaulehrgangs Gebäudetechnik unterrichtet. Daran teilnehmen können Absolventen einer Fachschule oder Lehre. Ihre Ausbildung startet ein Semester früher, umfasst also 2,5 Jahre. „Der Stundenplan des Kollegs und des Aufbaulehrgangs ist nahezu ident, die Schüler durchlaufen das selbe Ausbildungsprogramm, am Ende sollen sie ja die selben Kompetenzen haben. Der Unterschied liegt darin, dass die Teilnehmer des Aufbaulehrgangs auch in Fächern der Allgemeinbildung Deutsch, Mathematik und Englisch unterrichtet werden. Den Schülern des Kollegs wird in diesen Stunden das fehlende Werkstattwissen und auch zum Beispiel Grundlagenwissen im Maschinenbau vermittelt“, geht Josef Trummer ins Detail. „Das schöne ist die bunte Mischung in einem Jahrgang, das sitzt ein Geselle neben einem Meister und neben einem Maturanten. Jeder kann seine Stärken einbringen“, weiß Elisabeth Berger.
Alles in allem starten pro Jahrgang 20 Interessierte die Ausbildung zum Gebäudetechniker, zwischen 30 und 40 Prozent brechen sie allerdings noch vor Abschluss ab. Es ist übrigens nicht als Diskriminierung zu sehen, dass nicht von Schülerinnen oder Teilnehmerinnen gesprochen wird. Die Frauenquote in der Gebäudetechnik an der Schule ist erschreckend niedrig, nur zwei Mädchen sind derzeit in der fünfjährigen HTL in Ausbildung, im Kolleg gibt es aktuell gar keine Teilnehmerinnen.

Wer initiiert den Imagewandel?

Woran liegt es nun, dass sich die Zahl der an dieser Ausbildung Interessierten – egal ob männlich oder weiblich - so stark in Grenzen hält? Die Branche sucht bekanntlich händeringend nach Fachkräften, an den Jobchancen kann es wohl nicht liegen.

In der Bevölkerung kommt noch nicht durch, dass Heizungs-, Kälte-, Lüftungs- und Sanitärtechniker Jobs mit Zukunft sind.

Elisabeth Berger

„In der Bevölkerung kommt noch nicht durch, dass Heizungs-, Kälte-, Lüftungs- und Sanitärtechniker – die Gebäudetechnik - Jobs mit Zukunft sind. Der Stellenwert in der Gesellschaft passt nicht“, bedauert Elisabeth Berger. Und Josef Trummer ergänzt: „Wir sind uns in der Branche einig, dass es eines Imagewandels bedarf. Wenn es dann aber darum geht eine konkrete Kampagne zu starten, wird es sehr ruhig, wer macht diese Arbeit? Wir setzen daher auf Mundpropaganda und arbeiten sehr eng mit der WKO, dem Verband der technischen Gebäudeausrüster und Eco Plus zusammen.“ Und er meint weiter: „Das Berufsbild, das assoziiert wird, hat sich in den letzten 50 Jahren nicht gewandelt. Dem Handwerk fehlt der Stellenwert, den es verdient. Dabei hat sich der Beruf zu hundert Prozent verändert. Die Komplexität kann sich keiner vorstellen. Ein Kfz-Mechaniker arbeitet in einem klar definierten Berufsumfeld – einem Gebäudetechniker dagegen stehen unendlich viele Welten offen, faszinierende Arbeitswelten. Denken wir nur an die Digitalisierung, denken wir an das Thema Lebenszykluskosten eines Gebäudes. Die Rohrzange ist genauso Arbeitsmittel wie das Tablett. Jobs in der Gebäudetechnik sind absolut krisensicher und können nicht in Billigländer ausgelagert werden. Es braucht den Experten im Land, direkt vor Ort, in der Planung und Ausführung.“
Elisabeth Berger und Josef Trummer sind nicht die ersten, die den längst nötigen Imagewandel monieren. Damit ist es für sie aber nicht getan. Denn sie haben im Rahmen der HTL Mödling die Gebäudetechnik Akademie ins Leben gerufen, die erste aktive Plattform zwischen Gewerk und Schule zur Unterstützung und Förderung des Gebäudetechnik-Nachwuchs. „Wir haben die Akademie als Drehscheibe gegründet. Unsere Schüler und Vertreter der Industrie treffen sich auf Augenhöhe. Unser klares Ziel, die regionale – teilweise sogar überregionale - Kommunikations-, Ausbildungs- und Netzwerkplattform für Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrpersonal, ausführende Betriebe und lokales Gewerbe, Industrie und Planungsbüros zu werden wurde von der gesamten Branche unglaublich positiv aufgenommen“, freut sich Elisabeth Berger. Zahlreiche Markenanbieter der einschlägigen Industrie unterstützen die Akademie tatkräftig. Die Schüler und Schülerinnen werden zu Exkursionen, Fachvorträgen und Workshops in die Unternehmen eingeladen. Veranstaltet werden außerdem firmenübergreifende HKLS-Lehrlingstage, ein Gebäudetechnik-Schnuppercamp und der Gebäudetechnik-Branchentreff.

Viel mehr als nur ein Job

Apropos Zusammenarbeit mit der Industrie: für die erfolgreiche Ausbildung der Fachkräfte von morgen ist sie an der HTL Mödling ein Schlüsselfaktor. In den Werkstätten finden sich modernste Geräte, Anlagen und Komponenten der einschlägigen Anbieter, ohne die die entsprechende Schulung gar nicht funktionieren würde. Wermutstropfen dabei: das ist keine Selbstverständlichkeit – „das Bildungssystem ist nicht darauf abgestimmt!“, weiß Elisabeth Berger. Es sind vielmehr das Engagement und die persönlichen Kontakte von Lehrern wie Josef Trummer, die die Gebäudetechnik von heute in all ihren Facetten in den Werkstätten und Labors zur Realität werden lässt.

Ein Blick in das Heizlabor
Ein Blick in das Heizlabor

„Ohne die Unterstützung unserer Partnerfirmen könnten wir uns das Alles nicht leisten“, so die doch ernüchternde Aussage von Elisabeth Berger in Bezug auf die Unterstützung durch das österreichische Bildungssystem. Und zum Abschluss durch die Führung durch das Heizlabor meint sie: „Wir müssen unseren Jungen vermitteln, dass sie Teil des ganz Großen sein können. Ein Job in der Gebäudetechnik ist sinnstiftend, etwas wirklich Schönes. Unseren Absolventen steht die Welt offen und sie haben wirklich sehr, sehr viel zu tun…“

Branchen
Haustechnik